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Allergietests - Warum das Immunsystem verrückt spielt

20 min • 14 augusti 2025

Wer eine Allergie hat, sollte wissen, welcher Stoff die Beschwerden verursacht. Nur dann kann man diese Substanz meiden. Deshalb sind Allergietests nötig, die manchmal Detektivarbeit sind. Autor: Hellmuth Nordwig (BR 2025)

Credits
Autor/in dieser Folge: Hellmuth Nordwig
Regie:  Frank Halbach
Es sprachen: Katja Amberger, Patrick Zeilhofer

Technik: Roland Böhm
Redaktion: Nicole Ruchlak


Im Interview:

- Dr. Eva Oppel, Leiterin der Allergieambulanz der LMU München

- Prof. Ulf Darsow 

- Niko Mirissas, Allergieambulanz der TU München; Patienten

- Dr. Josef Kornwachs, Arzt, München

- Dr. Michael Szardenings, Fraunhofer IZI, Leipzig


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Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

ATMO 1: ALLERGIEAMBULANZ, PATIENTEN SPRECHEN, HUSTEN


darüber SPRECHER:

In der Allergieambulanz der Universität München warten Dutzende Patienten. Wer sich zu ihnen setzt, blickt in gerötete Augen und geschwollene Gesichter, ist umgeben von vielstimmigem Husten und schniefenden Nasen. Vielen Menschen geht es richtig schlecht, sie können vor Heuschnupfen oder Asthma kaum atmen. Andere sind hier, weil ihr Körper auf ein Medikament oder ein Lebensmittel heftig reagiert hat, zum Beispiel mit Schwellungen oder Juckreiz. Wieder andere haben einen Haut¬ausschlag, bei dem die Ursache nicht klar ist.


O-TON 1: PATIENT

Wenn Sie meine Füße anschauen: Ich habe an den Füßen eine Art Ekzem. Und da wird jetzt getestet, dass man rausbekommt, woher das ist, damit man eine Diagnose bekommt, was es ist und dementsprechend auch behandeln kann. 


SPRECHERIN:

Allergietests. Warum das Immunsystem verrückt spielt. Eine Sendung von Hellmuth Nordwig.


O-TON 2: OPPEL 

Hier wird jetzt der Goldstandard der Allergiediagnostik durchgeführt, der sogenannte Pricktest. Es werden in einer Standardreihe die häufigsten Allergene, die in der Luft getragen werden, aufgetragen in einer Lösung. Das ist immer eine definierte Menge an Allergen. Und dann mit einer kleinen Lanzette in die oberste Hautschicht eingebracht. (25")


SPRECHER:

Dr. Eva Oppel leitet die Allergieambulanz. Gerade hat eine Assistenzärztin ein Tröpfchen Flüssigkeit auf den Unterarm des Patienten gegeben. Jetzt ritzt sie dort die Haut ein kleines bisschen ein. Ganz wenig, nur so als würde man sich aus Versehen mit dem Fingernagel kratzen. Das macht sie rund 20 Mal mit verschiedenen Testlösungen. Die enthalten Extrakte von sogenannten Allergenen: von Pollen, Hausstaub oder anderen Substanzen, die in der Luft herumschwirren. Manche Menschen reagieren allergisch darauf, und zwar so rasch:


O-TON 3: OPPEL 

Dass Sie nach ca. 20 Minuten den Test ablesen können. Das ist also ein sehr schnelles Ergebnis, das wir haben. 21:37 Im Falle einer positiven Reaktion sehen Sie eine kleine Quaddel an der Stelle. Die entsteht, weil über Botenstoffe in der Haut - natürliche Botenstoffe wie das Histamin beispielsweise - dann solche klassischen Reaktionen auf der Haut auftreten. 


SPRECHER:

Der Körper schüttet diese Botenstoffe aus, weil das Immunsystem Alarm schlägt. Eigentlich soll uns die Körperabwehr ja vor Krankheitserregern schützen. Sie registriert aber auch, wenn wir mit Stoffen aus der Umwelt in Kontakt kommen, etwa mit Staub oder Pollen. Bei einigen Menschen reagiert das Immunsystem dann besonders sensibel. Gegen die Umwelteinflüsse bildet es Abwehrmoleküle, die auch Antikörper heißen. Dafür sind bestimmte Gene verantwortlich, und die hat nicht jeder. Die Quaddeln beim Hauttest zeigen an, dass der Organismus Antikörper gegen das Allergen produziert, also gegen den getesteten Stoff aus der Umwelt. Quaddeln zu haben bedeutet aber noch nicht, dass die Person gegen die Substanz wirklich allergisch ist.


O-TON 4: OPPEL

Wenn Sie da etwas finden, dann nennt sich das Sensibilisierung. Sie können zum Beispiel Antikörper gegen die Katze haben, wenn der Patient aber sagt: Ich habe eine Katze zu Hause, ich niese nicht, wenn ich sie in die Hand nehme und streichle, und ich habe auch sonst keine Beschwerden, dann ist das eine stumme Sensibilisierung, die man dann aber nicht Allergie nennt.


SPRECHER:

Denn bei der müssen neben den Quaddeln passende Symptome dazu kommen. Deshalb halten Allergieexperten nichts davon, einfach so drauf los zu testen. Von Selbsttests, die man on¬line bestellen kann, raten sie dringend ab, auch wenn man auf einen Termin bei einem Spezialisten oft lange warten muss. Doch der kann auch einen anderen Typ von Allergie erkennen. Dabei treten die Beschwerden erst nach einigen Tagen auf, als Hautausschlag, der bei den Fachleuten Kontaktekzem heißt. Metalle, Latex oder Chemikalien sind typische Auslöser. Dafür gibt es einen anderen Hauttest, bei dem Allergene als Salbenzubereitungen auf den Rücken aufgetragen werden. Dort werden sie mit einem Pflaster fixiert und bleiben mehrere Tage auf der Haut. Das war auch bei einer Patientin so, die Eva Oppel jetzt untersucht. 


O-TON 5: OPPEL 

(Pflaster abreißen) Was man bei der Dame hier auch sieht, ist die Tätowierung. Wir haben immer mehr Patienten, die tätowiert sind, weil das heute sehr gewünscht wird und gemacht wird. Und da ist es tatsächlich so, dass man gerade auf die schwarze Tätowierungsfarbe ganz starke Kontaktallergien entwickeln kann und eigentlich jeder Patient, bevor er eine Tätowierung durchführen lässt, aufgeklärt werden müsste. 


SPRECHER:

Doch bei der Patientin stellt sich etwas ganz anderes heraus. Tatsächlich ist die Haut in einem der Testfelder deutlich gerötet, auch kleine Bläschen sind zu sehen. Und zwar dort, wo Eva Oppel zwei Tage zuvor ein häufig verwendetes Desinfektionsmittel aufgetragen hatte. 


O-TON 6: OPPEL 

Die Dame bekommt dann einen Ausweis und sollte dann eben nachschauen in jedem Waschmittel, in jeder Körperlotion, ob der Stoff enthalten ist und sollte ihn dann auch meiden in Zukunft. 19:44 In der Mitte wird der Stoff eingetragen mit seiner Bezeichnung, und auf der rechten Seite sehen Sie dann, da steht: Diese Stoffe sind beispielsweise enthalten in ... , und dann kommt eine Auflistung, in welchen Materialien dieser Stoff vorkommen kann. 


MUSIKAKZENT


SPRECHER:

Manchmal werden diese Ergebnisse im Labor abgesichert, um ganz sicher zu gehen. Das ist nötig, wenn das Testresultat gravierende Folgen hat. Zum Beispiel, wenn jemand ein Zahnimplantat nicht verträgt oder das Metall in einem künstlichen Hüftgelenk. Solche Patienten müssen meist ein zweites Mal operiert werden und bekommen dann ein Implantat aus einem anderen Material. Zuvor muss aber ganz sicher feststehen, dass es sich um eine allergische Reaktion handelt. An der Allergieambulanz der Uni München testet Dr. Burkhard Summer direkt die Immunzellen von Patienten daraufhin, ob sie auf bestimmte Metalle reagieren. Aus dem Blut hat er die Zellen gewonnen und auf Testplatten verteilt. Die bewahrt er in einem Brutschrank bei 37 Grad Celsius auf.


O-TON 7: SUMMER 

Das hier ist mal so ein Test. Man sieht hier kleine Punkte, die Zellen. Und hier sind verschiedene Metalle. Kobalt, Nickel und Chrom in verschiedenen Konzentrationen mit den Zellen in Kontakt. Die sind als Lösungen zugegeben. 


SPRECHER:

Fünf Tage lang wartet der Arzt, ob sich die Immunzellen vermehren. Das tun sie nur, wenn der Patient allergisch auf das Metall reagiert. Und das ist nicht selten, beob¬achtet Burkhard Summer.


O-TON 8: SUMMER 

Nickel-Kontaktallergie in der Allgemeinbevölkerung ist bei 15 Prozent ungefähr, Kobalt und Chrom eher bei 2, 3 Prozent. Wir sehen aber bei den Patienten, die zu uns kommen mit einem Verdacht auf so eine Metallallergie in Bezug auf ein Implantat, Nickelallergiker etwa 20 Prozent, und deutlich mehr Kobalt- und Chromallergiker.


SPRECHER:

Trotzdem werden Patienten nicht routinemäßig vor einer Operation getestet, ob sie die Metalle vertragen oder nicht. Klingt erstaunlich, hat aber einen einfachen Grund: Eine Kontaktallergie kann erst dann entstehen, wenn der Körper in Berührung mit dem Fremdstoff kommt. Vorher hätte der Zelltest im Labor ein negatives Ergebnis. 


O-TON 9: SUMMER 

Wir testen die Metalle vorher, wenn ein Patient schon mal den Verdacht hat. Also wenn ein Patient auf Modeschmuck reagiert und er weiß, er hat Probleme mit Metallen, dann werden die Metalle vorher getestet. Aber im Normalfall, wenn kein Verdacht besteht, wird nicht getestet. 


 

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